24.05.2024
Von Lohnerhöhung zu Verbesserungen?
Lange Zeit drehte sich die Diskussion um bessere Arbeitsbedingungen in der Pflege um genau einen Punkt: Lohnerhöhungen. Und natürlich war die Bezahlung eine riesige Stellschraube für die Attraktivität der Arbeit in der Pflege.
Jetzt schwingt die Diskussion um und die öffentliche Diskussion fokussiert sich auf den Rest davon, was „Arbeitsbedingungen“ sein können.
Wieso immer mehr Lohnerhöhungen es nicht bringen
Ja, mehr Geld ist besser als weniger – ohne Frage. Es gibt die vermeintliche Weisheit, dass man sich über eine Gehaltserhöhung genau zweimal freut: zum ersten Mal, wenn sie angekündigt wird und dann, wenn das Geld das erste Mal auf dem Konto ist. Aber verpufft der Effekt danach wirklich? Nicht, wenn er einen Unterschied dazwischen macht, ob man gelassen auf einen Vorrat für die kaputte Waschmaschine blicken kann, oder eben nicht.
Und die Grenze dafür, ab wann mehr Geld auch nicht mehr glücklich macht rutscht immer weiter nach oben. Hier würden wir aber die – ungeprüfte – These aufstellen, dass es auch einen Bereich gibt, in dem mehr Geld zwar glücklicher macht, aber das Unglück aus anderer Belastung einfach nicht aufheben kann.
Es macht vielleicht Spaß, sich mit Freunden darüber auszutauschen, was man zum Beispiel für eine Million tun oder nicht tun würde – aber hier reden wir meistens von Entscheidungen, die einen Tag anhalten oder bei denen man sich „einmal durch den Kuchen frisst“.
Wenn jeder Tag anstrengend oder zermürbend ist und dazwischen besonders schlimme Tage liegen, ist man relativ schnell bereit, auf den Vorrat für eine kaputte Waschmaschine zu verzichten. Das potenzielle Problem, falls ein Haushaltsgerät ausfällt, ist einfach nicht so drängend wie das ständige, reale Problem der alltäglichen Arbeit.
Wie bessere Arbeitsbedingungen die Pflege stärken
Der aktuelle „Trend“ zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Pflege fokussiert sich darauf, professionell Pflegenden mehr Verantwortung zuzumuten. Auch hier geht es definitiv um ein Anliegen, dass wir direkt aus der Pflege schon lange hatten! Wenn Pflegekräfte trotz dreijähriger Ausbildung nicht mal Pflaster kleben (oder nachordern) dürfen, fühlt sich das schlicht albern an.
Aber es besteht auch Grund zum Misstrauen: wenn die von Geld und Kalkulation getriebenen Entscheider (die wir hier nicht mal mit einem Gendersternchen adeln müssen) sich an die Verantwortung heranmachen, geht es dann wirklich darum, einer Forderung aus der Pflege nachzugehen und die Arbeitsbedingungen zu verbessern?
Oder geht es darum, die Lücken in der Pflege „von unten“ zu stopfen: wenn Pflegeprofis mehr anspruchsvolle Aufgaben übernehmen, stopft das die Lücke darüber für eine Weile – unterbesetzte Hausarztpraxen werden vielleicht etwas entlastet. Und um die „Lücke“ in der Pflege zu stopfen, wandern Pflegehilfskräfte nach verkürzter Ausbildung nach.
Unendlich geht es so aber auch nicht weiter. Und wenn (!) die Motivation hinter den Reformen nicht stimmt – oder in der Umsetzung nur die Tür öffnet für so ein Lücken-Stopfen – dann kann es sein, dass die jetzige Regierung sich mit den „besseren Arbeitsbedingungen“ auch nur einen Aufschub kauft, bevor das Problem wieder richtig explodiert.