17.07.2020
Urlaub für pflegende Angehörige
Angehörige, die jemanden pflegen, haben auch Rechte auf „Pausen“ – nicht „auch“, sondern gerade, wenn für die Pflege Pflegegeld gezahlt wird. In ihrer Abwesenheit muss weiterhin Pflege geleistet werden. Dafür gibt es verschiedene Finanzierungsmodelle.
Ganz aktuell möchten wir daran erinnern, dass es die Pausen von der Pflege auch geben darf, wenn Ihr Urlaub abgesagt werden musste – ein paar Wochen Auszeit Zuhause sind genauso legitim!
Verhinderungspflege im Urlaub oder während einer Auszeit
Das Gesetz regelt die „Häusliche Pflege bei Verhinderung der Pflegeperson“ oder „Verhinderungspflege“ im Sozialgesetzbuch IX § 39.
Kurz gesagt gibt es zwei Möglichkeiten für die Vertretung: Einmal durch Bekannte, Freunde, andere Verwandte, Nachbarn etc. – also „von privat“.
Die andere Variante ist die Pflege durch einen Pflegedienst für diese Zeit – beispielsweise einen unserer Dienste.
Wer zahlt für Pflege während des Urlaubs?
Wenn die gewohnte Pflegeperson im Urlaub ist, sich eine längere Auszeit nimmt oder auch wegen Krankheit ausfällt, übernimmt die Pflegekasse – mit Einschränkungen – die Kosten für die Pflege.
Dabei sind verschiedene Punkte zu beachten:
· Pflegegeld: Das Pflegegeld, das normalerweise ausgezahlt wird, wird für die Dauer der Verhinderung/Pause halbiert. Renten- und Arbeitslosenversicherungsbeiträge werden auch während dieser Zeit unverändert von der Pflegekasse bezahlt.
· Pflegeleistungen, die auch vorher von einem Pflegedienst übernommen wurden, werden weiterhin im gleichen Anteil bezahlt.
· Die Kosten für weitere Leistungen durch einen Pflegedienst oder andere Personen müssen über Rechnungen abgerechnet werden und werden pro Jahr bis zu einem Betrag von 1612 € von der Pflegekasse bezahlt.
· Für eine andere nahestehende Person, die die Pflege übernimmt, erhält die pflegebedürftige Person für die Zeit das volle Pflegegeld als Verhinderungspflegegeld. Darüber hinaus kann die Ersatzpflegeperson für ausgefallenes Gehalt und Wegkosten Erstattungen bekommen, sodass auch hier insgesamt 1612 € pro Jahr von der Pflegekasse übernommen werden können.
Hier gibt es einen Unterschied zwischen einer kurzen und langen Vertretungszeit: Wenn die Verhinderungspflege für weniger als 8 Stunden einspringt, ändert das nichts am normal gezahlten Pflegegeld.
Verhinderungspflege vom Pflegedienst oder anderen Privatpersonen
Wenn die Verhinderungspflege durch einen Pflegedienst oder andere Privatpersonen erbracht wird, müssen die Leistungen normal abgerechnet werden. Der Pflegedienst macht das direkt mit der Krankenkasse.
Eine Privatperson muss für die Arbeitszeit eine Rechnung ausstellen, die von der gepflegten Person bezahlt wird. Die Rechnung kann dann bei der Pflegekasse eingereicht werden und wird erstattet.
Verhinderungspflege durch Angehörige
Wird die Verhinderungspflege durch andere Angehörige übernommen, erhalten die das normale Pflegegeld als Entschädigung (und maximal 1612 € pro Jahr) zusätzlich zum halben normalen Pflegegeld, das weiter für die gewohnte Pflegeperson gezahlt wird.
Angehörige sind dabei alle, die mit der pflegebedürftigen Person
· in einer häuslichen Gemeinschaft wohnen
· bis zum zweiten Grad verwandt sind (Mutter, Vater, Kind, Großvater, Großmutter, Enkelkind, Schwester, Bruder)
· bis zum zweiten Grad verschwägert sind (Stiefkinder/Stiefeltern, Schwiegereltern/Schwiegerkinder, Schwager, Schwägerin)
Insgesamt wird für diese 6 Wochen also etwa das 1,5 fache normale Pflegegeld ausgezahlt (1 für als Verhinderungspflegegeld, 0,5 als normales Pflegegeld, zuzüglich der beiden Tage der Verhinderungspflege).
Außerdem können zusätzlich Gehaltsausfall oder Wegekosten geltend gemacht werden – bis zu insgesamt 1612 € im Jahr.
Beispiel Verhinderungspflege durch Angehörige
Frau Müller wird normalerweise zu gleichen Teilen durch ihren Sohn und einen Pflegedienst gepflegt. Sie hat Pflegestufe 3.
Sie erhält daher normalerweise im Monat 272,50 € Pflegegeld, das sie an ihren Sohn weitergibt. Das entspricht etwa 9,08 € pro Tag, weil man annimmt, dass jeder Monat 30 Tage hat.
Der Sohn fährt für drei Wochen in den Urlaub. In dieser Zeit soll Frau Müllers Tochter die Pflege übernehmen. Sie muss dafür von der Nachbarstadt anreisen. Der Pflegedienst übernimmt weiterhin die gleichen Aufgaben wie bisher.
Die Pflege des Sohns, die jetzt pausiert, wird weiter mit Pflegegeld berücksichtigt. Der erste und letzte Tag seiner Abwesenheit zählen als normale Tage, die übrigen 19 Tage sind voller Urlaub. Es gibt also 19 Urlaubstage, für die er das halbe bisherige Pflegegeld bekommt (4,54 €), und 11 normale Tage, für die das normale Pflegegeld berechnet wird:
19 x 4,54 € + 11 x 9,08 € = 186,14 €
Die Pflege der Tochter wird mit dem „normalen“ Pflegegeld vergütet: für 21 Tage gibt es jeden Tag 9,08 €, also insgesamt 190,68 €
Man sieht, dass Frau Müller in diesem Monat insgesamt mehr Pflegegeld ausgezahlt bekommt als normalerweise: 190,68 € + 186,14 € sind 376,82 €.
An den Pflegesachleistungen, also der Arbeit durch den Pflegedienst, ändert sich nichts.
Verhinderungspflege im Urlaub durch Angehörige oder Pflegedienst?
Für welche Variante Sie sich entscheiden, ist ganz Ihnen überlassen.
Wenn Sie sowieso einige Pflegeleistungen von einem Pflegedienst erhalten, ist die Verhinderungspflege durch den Pflegedienst vermutlich die einfachste, was Formalien und Rechnungen betrifft – alles wird direkt zwischen Pflegedienst und Krankenkasse geregelt. Außerdem können Sie sich auf die Pflege durch Profis verlassen.
Wenn in der Familie oder im Haushalt eine andere Person lebt, die die Pflege übernehmen kann und zuverlässig ist, können Sie die Möglichkeit nutzen, das Pflegegeld für die Zeit der Verhinderung aufzustocken.
Wenn Sie eine zuverlässige Vertretung kennen, die nicht bis zum zweiten Grad verwandt/verschwägert ist und in einem anderen Haushalt wohnt, können Sie auch die beauftragen. Damit die Pflege in diesem Fall von der Krankenkasse bezahlt wird, muss diese Person aber eine Rechnung stellen und ihre Einnahmen versteuern. Außerdem müssen Sie in Vorleistung gehen und die Rechnung bezahlen, bevor Sie die Erstattung bekommen haben.
Wenn Sie Fragen zur Verhinderungspflege haben, bietet die Bundesregierung Informationen im Überblick. Sie können sich auch an uns wenden: Hier finden Sie die richtige Telefonnummer für alle Fragen zur Verhinderungspflege.