Unterstützung für pflegende Kinder und Jugendliche

22.04.2019

Unterstützung für pflegende Kinder und Jugendliche

Aktuelle Befragungen zeigen, dass rund 6 Prozent der 10- bis 18-jährigen Kinder und Jugendlichen in der Pflege eines Angehörigen aktiv sind. Das bedeutet, dass schon in einer Klasse mit 20 Kindern im Schnitt mindestens eins in der Pflege aktiv ist.

Pflege ist für viele Erwachsene anstrengend oder belastend – wir haben uns im letzten Monat mit Depressionen als Folge für Pflegekräfte beschäftigt. Auch sonst fühlen sich viele pflegende Angehörige sehr belastet. Für Kinder und Jugendliche ist diese Belastung wesentlich größer, zumal sie aktuell noch keine angemessene Unterstützung erfahren.

Dass Kinder und Jugendliche pflegen, ist Normalität

Die aktuellen Zahlen von 6,1 % der Kinder und Jugendlichen zwischen 10 und 18 Jahren, die in der Pflege aktiv sind, basieren auf einer Umfrage unter Gymnasiasten aus den Jahren 2015 bis 2017. Hier wurden die Kinder direkt dazu befragt, wie sie in die Pflege in der Familie eingebunden sind.

Diese Zahl ist recht groß – zum Vergleich: Auch schwarze Haare haben rund 6 % der Menschen in Deutschland.

Zu große Aufgaben für junge Menschen

Die Aufgaben der Kinder und Jugendlichen reichen von Hilfsleistungen im Haushalt bis zur Körper- und Intimpflege. Hier hört die Normalität auf. Denn Kinder dürfen und sollen zwar in Familien alltägliche Mithilfe leisten – je nach Alter beim Einkauf, Putzen oder Waschen helfen -, aber müssen keine pflegerischen Aufgaben übernehmen.

Die Belastung ist wie bei Erwachsenen einerseits körperlich und andererseits seelisch. Sie kann aber gerade bei jungen Menschen sehr schnell zu groß werden. Wer pflegt, trägt viel Verantwortung für einen anderen Menschen. Mit dieser Anforderung umzugehen, muss man lernen. Nicht umsonst dauert die Ausbildung zur Pflegekraft Jahre und nicht bloß ein paar Wochen.

Und Kinder (und auch Jugendliche) hatten schlicht noch keine Zeit in ihrem Leben zu lernen, mit besonderen Belastungen umzugehen. Sie sollten stattdessen Zeit haben, sich zu entwickeln: Spielen, Lernen, Freunde treffen.

Kinder und Jugendliche müssen nicht pflegen

Keine Familie sollte auf die Hilfe von Kindern oder Jugendlichen in der Pflege angewiesen sein. Diese Aufgaben können von Erwachsenen übernommen werden: Entweder anderen Familienmitgliedern oder einem Pflegedienst.

Viele Familien schrecken aber davor zurück, sich Hilfe zu suchen. Sie erwähnen nicht, wie viel Unterstützung durch Kinder oder Jugendliche geleistet wird. Die Kinder oder Jugendlichen selbst werden oft gar nicht gehört – sie sind bei Gesprächen mit dem Arzt oder Pflegedienst nicht dabei. Und Erwachsene schämen sich manchmal, weil sie viele Aufgaben an die Kinder abgeben müssen. In einigen Fällen haben Familien auch Angst, dass sie auseinandergerissen werden, wenn sie zugeben, dass die Kinder bisher viele Aufgaben in der Pflege übernommen haben.

Hilfe für pflegende Kinder und Jugendliche

Kinder und Jugendliche, die ein Elternteil oder andere Angehörige oder Freunde der Familie pflegen, sollen nicht aus ihrer Beziehung zur pflegebedürftigen Person gerissen werden. Die Zeit mit einem kranken Angehörigen ist ihnen oft selbst wichtig und sie möchten sich „nützlich“ fühlen.

Deswegen sollte niemand einfach in das Familienleben einfallen und die Aufgaben übernehmen. Wir dürfen auch nicht die Betroffenen ohne Frage aus der Pflege werfen.

Stattdessen sollten verschiedene Gruppen ein Auge auf die Pflege haben und bei Bedarf ein Gespräch beginnen. Lehrer, die bemerken, dass ihre Schüler oft müde sind, immerzu besorgt wirken oder sich nicht an sozialen Aktivitäten beteiligen, können ihre Schüler an Beratungsangebote vermitteln. Familien können sich auch direkt an Beratungsstellen wenden – leider gibt es noch nicht überall spezialisierte Ansprechpartner. Aber oft können Pflegedienste ganz praktisch und pragmatisch helfen, weil sie wissen, wie mehr Pflegeaufgaben durch Erwachsene übernommen werden können.

Auch für uns als Anbieter von Pflege gilt gerade in Familien mit Kindern: Wir müssen ein Auge darauf haben, wer überlastet ist und wen die Pflege besonders strapaziert. Gerade wenn das Kinder sind, müssen wir allen in der Familie Beratung und auch mehr Unterstützung bei der Pflege anbieten. Dabei geht es nicht um Verkaufsgespräche, um mehr Pflege „zu verkaufen“. Es geht darum, dass jeder Patient und alle Angehörigen wissen sollten, welche Unterstützung sie haben könnten.

Wenn Sie Beratung möchten und nicht wissen, an welche Beratungsstelle Sie sich wenden könnten, rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns hier oder über Facebook. Dann sprechen wir mit Ihnen darüber, welche Pflegeaufgaben wir in Ihrer Familie übernehmen können.