Nicht in die Pflegefalle geraten

12.08.2022

Nicht in die Pflegefalle geraten

Angehörige, Nachbarn und Freunde, die privat bei der Pflege helfen, tappen manchmal in die Pflegefalle – wir haben darüber im letzten Monat viel geschrieben.

Diesen Monat wollen wir uns ansehen, welche Möglichkeiten Sie haben, aus der Pflege keine Pflegefalle werden zu lassen.

Wie Sie nicht in die Falle geraten

Wenn Sie absehen können, dass ein Ihnen nahestehender Mensch bald immer mehr Unterstützung benötigen wird, versuchen Sie so früh wie möglich, andere zu sich zu holen. Je mehr Menschen eine große, aufwändige oder emotional auslaugende Aufgabe teilen, desto leichter wird sie.

Bestandaufnahme machen: Ressourcen checken

Als erstes sollten Sie sich so gründlich und ehrlich wie möglich überlegen, was Sie tun wollen – und was nicht.

· Wie viel Freizeit haben Sie in der Woche? Wie viel davon können Sie in diese neue Verpflichtung investieren?

· Welche Art Hilfe können und möchten Sie leisten? Wenn Sie allgemein nicht der Typ für Körperkontakt sein, wollen Sie dann wirklich Hilfe beim Anziehen, Duschen oder der Wundversorgung leisten? Andersrum: Wenn Sie einfach nicht der Typ für Papierkram sind, dann entsteht beim Ausfüllen der Anträge für die Krankenkasse bei Ihnen vermutlich mehr Frust als bei anderen.

· Wie viel Verpflichtung passt in Ihr Leben? Können Sie jeden Tag verfügbar sein, garantiert jeden Tag Mittagessen kochen und rüberbringen, jede Woche im Jahr mindestens 5 Stunden extra für den fremden Haushalt aufbringen? Versuchen Sie, ehrlich zu sich zu sein.

Schreiben Sie sich diese Punkte auf. Um mit andern darüber reden zu können, aber auch für sich selbst. Notieren Sie Ihre Grenzen. In Zukunft können Sie immer wieder checken, ob Sie den Grenzen näherkommen. Wenn ja, können Sie früh gegensteuern.

Nicht allein bei der Pflege bleiben!

Fragen Sie andere Nachbarn, Verwandte oder Freunde, wie sie helfen wollen. Jeder – auch Sie – sollte überlegen, welche Art Hilfe er oder sie mitbringen kann und möchte. Vielleicht liegt jemandem persönliche, direkte Hilfe durch Unterstützung bei pflegerischen Leistungen. Andere können helfen, indem sie sich um Formalitäten kümmern: Kontakt zu Ärztinnen oder Ärzten, Pflegediensten, Krankenkassen, Organisation von Terminen oder Ausfüllen von Formularen. Wieder andere möchten vielleicht nur häufiger vorbeischauen oder anrufen und auf mehr soziale Kontakte achten.

Machen Sie sich und anderen klar, dass jeder nur so viel helfen „muss“, wie er kann und will. Eltern kümmern sich um ihre Kinder und versuchen, Ihnen ein schönes Leben zu sichern. Dazu kann auch gehören, dass ihre Kinder später nicht das Leben, das sie aufgebaut haben, zersplittern und um jeden Preis persönlich pflegen.

Professionelle Hilfe für die Pflege organisieren

Wichtig ist, dass Ihr neues Netzwerk sich noch weiter vergrößert: holen Sie sich Profis ins Boot. Rufen Sie eine Pflegeberatung an, kontaktieren Sie eine Hilfegruppe aus Ihrer Stadt, sprechen Sie mit Ihrer Hausärztin oder Ihrem Hausarzt. Wenn Sie Pflege für einen Angehörigen organisieren müssen, können Sie auch sofort bis zu zehn Tage Sonderurlaub nehmen, um Zeit für die Organisation zu haben.

Sprechen Sie offen darüber, was Sie wollen und was Sie nicht wollen. Wie viel Zeit und Energie wollen und können Sie neben Ihren anderen Verpflichtungen aufbringen?

Profis können Ihnen helfen einzuordnen, ob Sie mit Ihren Ressourcen das erreichen können, was Sie wollen. Oder ob Sie mehr Unterstützung von außen dazu holen sollten.

Und wenn keiner sonst beim Pflegen helfen will?

Und wenn das Ergebnis ist, dass die Hilfe nicht für Pflege zu Hause reicht? Zum Beispiel weil niemand ein Talent oder eine Veranlagung für die körperliche Unterstützung oder die 24-7-Verfügbarkeit hat, die notwendig werden kann? Dann kann es diese Lösung nicht geben.

Aber Sie können ja anders helfen, wenn Sie helfen möchten: Hilfe durch einen Pflegedienst organisieren oder eben auch helfen, ein passendes Pflegeheim auszusuchen. Es gibt nicht nur eine Art zu helfen – Ihre kann darin bestehen festzustellen, welche realistischen Möglichkeiten es gibt und diese mit der pflegebedürftigen Person zu diskutieren.

Ausweichen, Bremsen und Aussteigen – es gibt Wege!

Manchmal ist es natürlich schwierig, einen Ausweg aus dieser Situation zu finden. Aber es gibt Auswege, man hat Möglichkeiten. Wir versuchen hier einige davon aufzuzeigen, mit denen Sie sich aus der Situation befreien können. Wichtig ist aber, dass Sie gleich wissen: Sie haben auch Hilfe.

Pflegeberatung bekommen Sie zum Beispiel von uns, bei Selbsthilfegruppen oder bei Anlaufstellen speziell für überlastete pflegende Angehörige - und im Zweifelsfall hilft sogar Ihr Hausarzt oder Ihre Hausärztin!