28.10.2022
Impulse aus der Pflege: Vernetzung zwischen professioneller und Angehörigenpflege
Pflege muss besser werden - als Job, als Branche, als Teil unserer Gesellschaft. Impulse für die Verbesserung können nicht nur von außen kommen, sondern auch aus der Pflege selbst. Hier sammeln wir diese Impulse, diesen Monat zum Thema Vernetzung.
Denn aktuell teilt sich die Pflege in mindestens zwei große Teile: die professionelle Pflege durch Pflegedienste und in Pflegeheimen einerseits, und die ehrenamtliche Pflege durch Angehörige, befreundete Menschen oder in der Nachbarschaft.
Die beiden „Seiten“ arbeiten zusammen, aber sie treten als unterschiedliche Teile der Pflege auf. Eine starke Vernetzung aller, die aktiv „am Bett“ arbeiten, würde uns weiter voranbringen. Wie kann das gelingen?
Wie Angehörige und Profis zusammenarbeiten
In der Praxis arbeiten privat und professionell Pflegende oft Hand in Hand zusammen. Sie teilen sich die Pflegeaufgaben oder übernehmen voneinander. Manchmal ist das alltäglich, manchmal übernimmt ein Pflegedienst nur kurzfristig in einem Notfall die Verhinderungspflege oder es wird für eine Abwesenheit der pflegenden Angehörigen Kurzzeitpflege in einem Pflegeheim eingerichtet.
Je besser alle Seiten verknüpft sind, die konkret an einer Pflege beteiligt sind, umso besser. Die Gepflegte Person fühlt sich meist am wohlsten mit der Pflege, wenn sie informiert ist und das Gefühl hat zu wissen, was um sie herum passiert. Wenn eine „Übergabe“ gut organisiert ist, spart das Zeit und Arbeit auf allen Seiten. Und wenn alle Informationen gut verfügbar gemacht werden, passieren natürlich weniger Fehler.
Wieso die Verbindung von professioneller Pflege und Angehörigen viel bringen kann
Aber auch auf übergeordneter Ebene sollten Pflegeprofis und ehrenamtlich Pflegende zusammenarbeiten.
Angehörige, Freundinnen und Nachbarn wissen oft durch viel mehr Kontakt und das Zusammenleben im Alltag, was für Probleme auftreten – auch wenn grade kein Pflege- oder Gesundheitsprofi anwesend ist. Sie haben individuelle Einsichten und vor allem auch eine Perspektive, die nicht von einer „Lehrmeinung“ geprägt ist. Sie verstehen beispielsweise individuelle Bedürfnisse von queeren pflegebedürftige Menschen oder Wünsche, die aus einem kulturellen Hintergrund entstehen. Sie können – manchmal! – für pflegebedürftige Menschen sprechen, weil sie ihnen als starke Übersetzer dienen können.
Andersherum sind professionelle Pflegekräfte eben Profis. Sie wissen, was fachlich in welcher Situation das Richtige ist. Sie kennen Handgriffe und Arbeitsabläufe. Sie können in die Pflegedokumentation einführen.
Wenn auf beiden Seiten diese Vorteile geteilt werden, so weit es geht, wird die Pflege dadurch besser.
Anknüpfungspunkt Pflegeberatung
Pflegedienste und Pflegekräfte allgemein können natürlich nur schwer „nebenbei“ auch noch Crashkurse im Pflegen für Angehörige geben. Angehörige können nicht die vollständige Palette ihrer Erfahrungen immer wieder für neue Pflegekräfte aus neuen Teams wiederholen.
Aber es gibt sinnvolle Begegnungspunkte. Ein wichtiger, den wir gern nutzen, ist die Pflegeberatung, auf die alle pflegenden Angehörigen ein Recht haben (für alle, die ganz ohne Unterstützung durch einen Pflegedienst pflegen, ist sie sogar Pflicht).
Denn hier kann man sich von zwei Seiten austauschen. Es geht darum, zu reflektieren, was gut läuft und wo Probleme entstehen könnten. Angehörige können auch beschreiben, welche Aspekte sie als gut oder hilfreich empfinden und was eher stört – so kommt man ins Gespräch.
Ein wichtiger Ansatz für die bessere Zusammenarbeit wäre also, dass alle pflegenden Angehörigen, dieses (kostenlose!) Angebot nutzen – und Pflegedienste dabei ein offenes Ohr behalten, und nicht nur beraten, sondern auch zuhören.
Pflegedienste: Im Notfall bereit
Natürlich lässt es sich nicht einfach einrichten, als Pflegedienst immer ein paar Angestellte „auf Abrruf“ bereit zu halten, falls im Umkreis jemand kurzfristig Verhinderungspflege benötigt. So ein Pool an Springern oder Pflegekräften, die sich auf Verhinderungspflege und die besonderen Herausforderungen konzentrieren, wäre regional übergreifend sinnvoller.
Aber Pflegedienste können trotzdem darauf achten, eine klare Bereitschaft zur kurzfristigen Verhinderungspflege zu zeigen – und zu haben. Wenn Kapazitäten frei sind, sind wir beispielsweise für Sie da – und sonst helfen wir im Notfall auch mit Ratschlägen und Kontaktlisten, andere Lösungen zu finden.