03.02.2023
Mehr Selbstständigkeit in der Pflege – Modellprojekte zur Substitution Heilkundlicher Tätigkeiten durch Pflegekräfte
Die Substitution heilkundlicher Tätigkeiten durch Pflegekräfte – das braucht nicht nur einige Zeit, ausgesprochen zu werden, der Fortschritt in diesem Fall sieht auch eher wie ein Fortschleichen aus. Lange Diskussionen hat es vor über zehn Jahren schon gebraucht, die Idee überhaupt ins Spiel zu bringen.
Jetzt stehen die verpflichtenden Modellprojekte zum selbstständigen Mitarbeit in der Medizin durch Pflegekräfte für alle Krankenkassen in allen Bundesländern an.
Das Besondere und Neue: Pflegekräfte sollen – mit entsprechender Ausbildung – befugt und in der Lage sein, selbstständig über bestimmte Behandlungen, Hilfsmittelverordnungen oder Therapieverlängerungen entscheiden zu dürfen.
Ausbildungsvorgaben geändert
Damit Pflegekräfte in Zukunft „aktiver“ die heilkundlichen Maßnahmen mitbestimmen können (mehr zu den Details weiter unten), sollte zunächst insbesondere die Ausbildung angepasst werden.
Das bedeutet für neue Mitarbeitende in der Pflege, dass ihre Grundausbildung schon neue Module enthält, die auf die Substitution ausgelegt sind.
Für erfahrene Pflegekräfte mit entsprechender Ausbildung werden Weiterbildungen vorgesehen, in denen sie sich für die eigenständigere Arbeit in der Heilkunde qualifizieren können. Auch bei ihnen ist dabei vorgesehen, dass die Fortbildungen spezifisch für bestimmte Bereiche qualifizieren sollen.
Substitution in verschiedenen Bereichen vorgesehen
Vorgesehen ist die Ausbildung in Fachmodulen zu den Themen Diabetes mellitus, Chronische Wunden, Demenz, Hypertonie, Schmerz, Ausscheidung, Tracheostoma, Atmung.
Damit bieten sich verschiedene Fachmodule insbesondere für Pflegekräfte in verschiedenen spezialisierten Bereichen an. Beispielsweise ist das Management von Diabetes mellitus in der Kranken und Altenpflege ein alltägliches Thema. Andererseits bieten sich die Module zum Tracheostoma oder Atmung sicher auch in der Intensivpflege an.
Mehr Zusammenarbeit statt Ausführende Hilfe
Ziel der Maßnahmen ist die Substitution von „Heilkunde“. Bislang waren Tätigkeiten, die in diesen Bereich fallen, Ärztinnen und Ärzten vorbehalten. Pflegefachkräfte übten ihre Tätigkeit ausschließlich ausführend oder delegiert aus. Jetzt sollen sie Substituierend tätig werden das bedeutet sie handeln eigenverantwortlich und gleichberechtigt neben einem Arzt.
Gerade zu Beginn der Diskussion zu diesem Thema äußerten sich insbesondere Vertreter der Ärzteschaft kritisch. Sie wollten die entsprechende Verantwortung und Entscheidungshoheit nicht abgeben. Nach längerem hin und her wurden Vorgaben für die Fortbildungsmodule für Pflegekräfte entwickelt, die der klaren Abgrenzung von Verantwortungs- und Tätigkeitsbereichen gerecht werden sollen.
Die Krankenkassen haben nun in allen Bundesländern die Pflicht, mindestens ein Modellprojekt zu realisieren. Als erste Fokusbereiche wurden dabei Diabetes mellitus chronische Wunden und Demenz ausgewählt in diesen Bereichen sollen Pflegekräfte beispielsweise eigenständig Folgeverordnungen von Ergotherapie veranlassen können. Eine wichtige Einschränkung ihrer Eigenständigkeit besteht dabei - und soll auch weiterhin bestehen - in der begrenzten Unabhängigkeit von der Entscheidung eines Arztes oder einer Ärztin. Eine erste eine erste Verordnung oder eine Änderung der verordneten Maßnahmen kann weiterhin nicht von einer Pflegekraft vorgenommen werden – egal welche Qualifikation Sie zusätzlich erlangt hat.
Die Ergebnisse der Modellprojekte sind jetzt abzuwarten. Das wird übrigens mindestens vier Jahre dauern, denn so lange haben die Krankenkassen und die Projektteilnehmer Zeit, ihre Projekte umzusetzen und zu testen.
Auch danach wird eine Formalisierung sicher nicht ohne jede Diskussion erfolgen wer heute in der Ausbildung bereits die Qualifikation zur substituierenden Tätigkeit erlangt, wird auch nach Ende seiner Ausbildung sicher einige Jahre darauf warten müssen, diese Tätigkeiten auch durchführen zu dürfen.